Am 12. Februar 1890 wurde das Wiener Rathaus offiziell eröffnet mit dem ersten Ball der Stadt Wien. Carl Michael Ziehrer, Kapellmeister der Militärkapelle des Infanterie-Regiments Nr. 4 „Hoch- und Deutschmeister“, musizierte abwechselnd mit der Strauß-Kapelle unter Eduard Strauß. Mit einem dem Wiener Gemeinderat gewidmeten Walzer Wiener Bürger, der in der Einleitung die aufziehende Bürgergarde nachahmt, hatte Ziehrer großen Erfolg – wesentlich mehr etwa als die Ballwidmung von Johann Strauß Sohn, dem Walzer Rathausball-Tänze. Der „Ball der Stadt Wien“ galt als bürgerliches Pendant zu den höfischen Bällen.
Bei einem weiteren Ball der Stadt Wien wurde am 19. Jänner 1893 im Festsaal des Wiener Rathauses Ziehrers Walzer Donausagen op. 446 uraufgeführt, ebenfalls durch die Musik der „Hoch- und Deutschmeister“ unter Leitung des Komponisten.
Dem Bericht in der Neuen freien Presse vom 20. Jänner 1893 ist zu entnehmen, dass dieser „Ball der Stadt Wien“ als der schönste aller Wiener Bälle galt. Er wurde besonders ausgezeichnet durch den Besuch von Kaiser Franz Joseph, der normalerweise außer dem „Hofball“ und dem „Ball bei Hof“ nur selten Bälle besuchte.
Ziehrer widmete die Donausagen der König-Regentin Marie Christine, Witwe des 1885 verstorbenen spanischen Königs Alfons XII. Sie war eine Tochter des österreichischen Erzherzogs Ferdinand Karl, der auch als Ballgast - neben zahlreichen anderen hohen und höchsten Herrschaften - anwesend war. Die bei Aug. Cranz in Hamburg erschienene Klavierausgabe zeigt ein Donauweibchen im Donauschilf, Wien ist als Silhouette im Mondschein im Hintergrund zu sehen.
Um die Länder zu charakterisieren, die die Ufer im langen Lauf der Donau säumen, verwendet Ziehrer einerseits ungarische Motive - die er teilweise aus seiner eigenen ungarischen Rhapsodie Vesztett Szerencse („Verlorenes Glück“) „entlehnt“ hat -, außerdem Ländlermotive sowie einige Takte eines bosnischen Kolos (sie stammen vom Ballett Eine Hochzeit in Bosnien von Josef Bayer). Die Kopfmelodie von Walzer I könnte von Walzer Valurile Dunării („Donauwellen“) des rumänischen Militärkapellmeisters Josef Ivanovici inspiriert sein.
Das Wiener Fremden-Blatt schrieb am 20. Jänner 1893: „Lebhaften Beifall fanden die beiden Tanznovitäten des Abends ‚Donausagen' von Ziehrer und die Polka française ́Wiener Gemütlichkeit ́ von Eduard Strauß."
Ein herzliches Dankeschön gilt Walter Schwanzer, Rohrendorf bei Krems, für einen Scan des Titelblattes des Walzers "Donausagen"!