Johann Nowotny (tschechisch Jan Novotný) wurde am 21. Mai 1852 in Dusnik (heute Dušníky) im Bezirk Raudnitz (Roudnice nad Labem) in Kronland Böhmen (heute Tschechische Republik) geboren. Nowotny dürfte 1870 die Prager Orgelschule absolviert haben; dies geht aus einem Artikel der Österreichischen Musik- und Theaterzeitung vom 1. Oktober 1895 hervor, der vom Jubiläumstreffen der Absolventen des Jahres 1870 berichtet.
Nach den Unterlagen des Militärkapellmeister-Pensionsvereines war er dreizehn Jahre und drei Monate lang Kapellmeister in der Russischen Armee. Dies war für Musiker aus Böhmen damals keine Seltenheit, da sie etwa bei der Linien-Artillerie oder bei der Kavallerie nicht die sonst obligatorische russische Staatsbürgerschaft annehmen mussten. Nowotny gab übrigens später österreichischen Offizieren seines Regiments Unterricht in der russischen Sprache, wofür er vom Corps-Commando ausdrücklich wegen der „günstigen Resultate“ belobigt wurde.
Am 1. August 1886 wurde Johann Nowotny Kapellmeister beim k. u. k. Infanterie-Regiment Nr. 92 in Theresienstadt (heute Terezín) in Böhmen. Im Gegensatz zu den Militärkapellen in oder nahe den großen Zentren konnte Nowotny nicht – wie etwa die zeitgleich aufgestellte Musik der „84er“ in Krems/Donau mit Kapellmeister Karl Komzák jun. – auf gut ausgebildete Musiker, oft sogar auf Absolventen des Konservatoriums zurückgreifen. Während die „84er“ von Krems aus leicht mit dem Zug nach Wien zum Konzertieren fahren und durch eine Vielzahl von Auftritten bei privaten Veranstaltern gut verdienen konnten, gab es eine solche Möglichkeit in Theresienstadt nicht. Johann Novotny musste seine Musiker größtenteils selbst „abrichten“, wie man das damals nannte. Trotzdem war es bereits nach kurzer Zeit möglich, auch Platzkonzerte durchzuführen. Die Kapelle fuhr in den nahen Kur- und Badeort Teplitz-Schönau (heute Teplice), wo einmal pro Woche konzertiert wurde.
Wie der Teplitz-Schönauer Anzeiger am 20. August 1890 berichtete, fand am 15. des Monats am „Schönauer Concertplatze“ (heute Šanovský park) ein großes Parkfest mit „effectvoller Illumination“ statt, bei dem der „bewährte Kapellmeister Nowotny“ mit seiner „trefflichen Militärcapelle“ auftrat.
Es war ein besonderes Datum – drei Tage vor dem Geburtstag von Kaiser Franz Joseph – und es war ein besonderes Jahr – der Kaiser feierte seinen 60. Geburtstag. Daher hatte sich Kapellmeister Johann Novotny für dieses Konzert auch etwas Besonderes einfallen lassen: ein neuer Marsch, der als 92er Regimentsmarsch op. 28 mit dem Untertitel „Aller Ehren ist Österreich voll“ in die Geschichte eingehen sollte. Gewidmet ist der Marsch dem Regimentsinhaber Gustav Freiherr von König.
Im letzten Teil des Marsches verwendet Nowotny Motive der bekannten Kaiserhymne „Gott erhalte“. Dem Zeitungsbericht zufolge war diese „kraftvolle patriotische Huldigung unseres geliebten Monarchen“ ein großer musikalischer Erfolg und erhielt „lebhaften Beifall“. Die „stürmisch acclamirte“ Komposition wurde zur Wiederholung verlangt und dem Komponisten wurde „von vielerlei Seiten schmeichelhafte Anerkennung zu Theil.“
Der Zeitungsbericht wies auch darauf hin, dass der 92er Regimentsmarsch „Aller Ehren ist Österreich voll“ es verdiene, populär zu werden. Damit sollte das Blatt recht behalten. Dieser Marsch blieb Nowotnys erfolgreichste Komposition, die auch heute noch zu den gerne aufgeführten Traditionsmärschen gehört.
Der Marsch erschien ursprünglich beim Musikverlag Rebay & Robitschek in Wien und wurde bald auch vom Musikverlag Hawkes & Son (London – New York) als Austria-Marsch gedruckt. Da die im Trio verwendete Kaiserhymne von Joseph Haydn auch gleichzeitig als Deutschlandlied dient, erschienen beim Musikverlag Robitschek auch Ausgaben des Marsches mit dem Titel „Deutschland, Deutschland über alles“. Zumindest vier Arrangements für zeitgemäße Besetzung sind derzeit im Handel: von Hans Kliment, von Sepp Tanzer, von Siegfried Rundel und von Hans Eibl.
Einige weitere Werke von Johann Nowotny sind noch bekannt, v. a. Märsche und Tanzmusik. Auch der Regimentskommandant der „92er“ von 1886 bis 1892 Oberst Graf Josef Beroldingen, k. u. k. Kämmerer, wurde mit einem Marsch bedacht, den Beroldingen-Marsch op. 31. Dem Corps-Kommandanten und kommandierenden General Emanuel Freiherr von Merta widmete Nowotny den Merta-Marsch. Von seinen Tanzkompositionen ist die Polka-Mazur Die schöne Leitmeritzerin op. 32 erhalten geblieben, die auf das nahe bei Theresienstadt liegende Leitmeritz (heute Litomerice) Bezug nimmt.
Nowotny starb am 25. September 1896 als aktiver Kapellmeister; nach dem Grundbuch des Militärkapellmeister-Pensionvereines (Abteilung Kriegsarchiv im Österreichischen Staatsarchiv Wien) im nicht verifizierbaren Ort „Dobsanoch in Böhmen“; der Militärmusikforscher Bohumil Pešek vermutete, dass es sich hier um den Ort Dobschan (tschechisch Dobřany) bei Pilsen handelt.