Zum 200. Geburtstag von Franz von Suppé (O du mein Österreich)

Franz von Suppè hieß eigentlich Francesco Ezechiele Ermenegildo Cavaliere Suppe Demelli und kam am 18. April 1819 in Spalato (heute Split in Kroatien) zur Welt. Er war u. a. Schüler von Simon Sechter, wirkte ab 1845 am Theater an der Wien, 1862 am Kaitheater und 1863 bis 1882 am Carltheater in Wien. Dort war 1865 übrigens der spätere Militärkapellmeister Alfons Czibulka als zweiter Kapellmeister tätig, mit dem er auch freundschaftlich verbunden war. Suppè starb am 21. Mai 1895 in Wien.

 

Er gilt als Schöpfer der deutschen Operette, zu seinen erfolgreichsten Bühnenwerken gehören Leichte Kavallerie, Banditenstreiche und die so bezeichnete komisch-mythologische Oper Die schöne Galanthee. Besonders beliebt war der Fatinitza-Marsch aus der gleichnamigen Operette.

 

Am 13. November 1849 stand im Theater an der Wien Suppès romantisches Märchen s’Alraunl auf dem Programm; den dazu gehörenden Text hatte Anton Freiherr von Klesheim (1812-1884) geschaffen.

 

Die Uraufführung war alles andere als ein Erfolg. Zeitgenössische Kritiken lobten zwar die aufwendige Bühnentechnik, ließen aber sonst kein gutes Haar am Alraunl; der Courier nannte es sogar wörtlich einen „abgestandenen Schmarrn“. Nach nur acht Vorstellungen verschwand dieses Werk für immer vom Spielplan.

 

 

Während das Publikum bei der Uraufführung während des ersten Aktes noch relativ ruhig gewesen sein soll, nahmen die Störungen im zweiten und dritten Akt immer mehr zu. Die Darstellerin des Röserls war Eleonore Nagl (1826-1907), die unter dem Pseudonym „Laura Rudini“ auftrat. Während des folgenden Liedes mit dem Titel Das is mei Österreich (siehe dazu das Faksimile der Handschrift Suppés) wurde sie derart ausgepfiffen, dass sie ihren Vortrag unterbrechen musste und das Stück kaum zu Ende singen konnte:

 

„Dort wo die Schneeberg stolz die Köpf gegn d‘Wolk‘n tragn,


Akrat als kuntns was den liabn Himml sagn,


Durt wo das reinsti Wasser aus die Quelln fließt


Durt wo der Jagabua die Gamsln abaschiaßt


Wass er so obn steht hoch auf der Felsnwand

Das ist mei Oesterreich, mei Vaterland!"

Anfang der 1850er Jahre stieß der Sänger Karl Treumann (1823-1877) im Archiv des Theaters an der Wien auf dieses Lied und erkannte den Reiz der Melodie. Er schrieb einen neuen Text und machte ein Couplet daraus, das rasch populär wurde; der Refrain endete mit: „das ist mein Österreich, wo ichgeboren bin, das ist mei‘ Vaterstadt, mein liebes Wien!“

 

1879 erschien beim Wiener Musikverlag Tobias Haslinger eine Jubiläumsausgabe des ursprünglichen Liedes anlässlich der Silberhochzeit des Kaiserpaares mit zusätzlichen Widmungsstrophen von Anton Freiherr von Klesheim.

 

Beliebte Melodien wurden damals gerne von den Militärorchestern aufgenommen; sie trugen die Werke der großen Meister bis in den entferntesten Winkel der Donaumonarchie; und ein Regimentskapellmeister sollte auch als „Promotor“ für dieses Lied von Franz von Suppè dienen ...

 

Der Militärkapellmeister Ferdinand Preis wurde am 13. Juni 1831 in Uittwa im Kreis Eger (Cheb) im Kronland Böhmen (heute Tschechische Republik) geboren. Ab dem 16. März 1851 diente er beim 38. Infanterie-Regiment, wo er 1856 die Leitung der Kapelle übernommen haben dürfte - wahrscheinlich ab der 2. Jahreshälfte, da sein Vorgänger Johann Darrant im Juni 1856 einen Schlaganfall erlitten hatte. Preis war bis zu seinem Tode am 13. Jänner 1864 in dieser Position. Die „38er“ waren in Linz, Brünn, Prag und Theresienstadt stationiert.

 

Ferdinand Preis war als Komponist von Tanzmusik im Wiener Stil erfolgreich und schrieb auch, wie viele seiner Kollegen, Bearbeitungen von Liedern und Tänzen für seine Musikkapelle, insgesamt mehr als 100 Werke; ein gutes Dutzend davon erschien in Druck. 

 

Im Jahr 1852 hat Ferdinand Preis sein erfolgreichstes Werk, den Marsch Mein Österreich (später auch O du mein Österreich) komponiert. Im Trio verwendete er Suppès Lied Mein Österreich; aus dem ursprünglichen 3/4-Takt wurde eine Marschmelodie! Die erste Druckausgabe seines populären Werkes für Klavier, Blas- und Streichmusik ist allerdings erst 1874 nachweisbar (Notenbeispiel: Stimme des 1. Flügelhorns, Ausschnitt).

 

Aus dem umfangreichen handschriftlichen Nachlass des Militärkapellmeisters Josef Franz Wagner, der auch als „Marschkönig“ bezeichnet wurde, geht hervor, dass O du mein Österreich ein fixer Bestandteil der „Militärischen Dienststücke“ der kaiserlichen Armee gewesen ist.

 

Wie populär diese Komposition schon in der Donaumonarchie war, beweist auch die Aufnahme in die von Emil Kaiser zusammengestellte Sammlung Historischer Märsche von 1895, die dazu diente, den einzelnen Regimentern Märsche zuzuweisen. Nur wenige, besonders wichtige Werke wurden hier zusätzlich aufgenommen, etwa der berühmte Radetzky-Marsch von Johann Strauß Vater. Auch O du mein Österreich ist in dieser Sammlung erhalten. Die Abbildung ganz oben zeigt die erste Seite der Partitur dieses Marsches, allerdings wurde hier der Name des Komponisten mit "E. Preiss" falsch geschrieben.

 

Nach dem Ende des Habsburgerreiches blieb der Marsch von Ferdinand Preis mit dem Lied von Suppè einer der meistgespielten österreichischen Marschkompositionen; die Ehre der „zweiten Nationalhymne“, die dem Werk schon in der Monarchie zugesprochen wurde, muss sich O du mein Österreich allerdings mit dem Walzer op. 314 An der schönen blauen Donau von Johann Strauß Sohn teilen!

 

Siehe auch: Friedrich Anzenberger, "Ferdinand Preis, der Komponist des Marsches O du mein Österreich - zum 150. Todestag" Blasmusikforschung  Nr. 8 (Jänner 2014), S. 2-4